Beurteilung der Erholungseinrichtungen in den Staatswäldern Bayerns durch die Erholungssuchenden

Bearbeiter: Dr. Stefan Schaffner; Christiane Grapentin

Laufzeit: 01.08.2003-31.10.2003

Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten

Projektbeschreibung

In den 60er Jahren entdeckte die forstliche Forschungspraxis die Befragung als „einfache“ Methode der empirischen Sozialforschung, mit deren Hilfe forstliche Forscher und Praktiker eine Vorstellungs- und Anspruchswelt der Erholungssuchenden an den Wald konstruieren konnten. Innerhalb dieser Vorstellungswelten wurde der Wunsch nach Erholungseinrichtungen vielfältiger Art generiert. Die Mehrzahl der Untersuchungen zur Walderholung wurden in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in einer Zeit durchgeführt, in der die öffentliche Hand (Kommunen und Staat) und auch die Forstwirtschaft selbst noch „gefüllte“ Kassen hatten. Dementsprechend war es möglich, Vorstellungen über vermutete Bedürfnisse von Erholungssuchenden zu verwirklichen, die zu einem „reichhaltiges“ Angebot an Einrichtungen (TrimmDich-Pfad-Welle, Lehrpfade, Möblierung des Waldes mit Sitzgruppen, ...) führten.

Sprechen wir mit den Menschen über ihre persönlichen und direkten Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse, so zeichnet sich ein Bild ab, das sich diametral vom Bild in den Untersuchungen unterscheidet. Die Menschen gehen in den Wald um sich zu erholen, Aktivitäten nachzugehen und im Erleben einer anderen Welt auszuspannen. Im Vordergrund steht für die Menschen das Walderlebnis, Ruhe und Erholung im Grünen. Der Rausch der Sinne wird beschrieben als ein Hinhören, als Riechen, Fühlen und Erleben von als positiv bewerteten Eindrücken. Visuelle Reize stehen zwar nicht im Vordergrund, wenn das Erleben von Wald geschildert wird. Aus den geschilderten visuellen Eindrücken wird deutlich, das die Abwechslung, die Vielfalt, die Detailfülle, aber weniger explizite Einzelobjekte oder Strukturen als Walderlebnis wahrgenommen werden.  Forderungen nach bestimmten Waldaufbauformen, wie sie innerhalb der forstlichen Welt immer wieder propagiert werden, lassen sich also nur über aufrechterhalten, wenn sie der Vielfalt und Fülle visueller Eindrücke Rechnung tragen. Monotonie steht dem Walderleben entgegen. Abwechslung ist es, was die Menschen erwarten und in der Erinnerung auch erlebt haben wollen. Diese Abwechslung wird jedoch nicht nur durch die forstlichen Parameter einer Bestandesbeschreibung erzeugt, sondern als ein Nebeneinander von z.B. Groß und Klein, von Dick und Dünn, von Gerade und Gebogen, von Hell und Dunkel erlebt. In den Augen der Menschen brauchen wir den Wald als Ort der Erholung und Ruhe, als Erzeuger von Sauerstoff und somit als Luft zum Atmen. Unabhängig vom „wissenschaftlichen“ Wahrheits- und Relevanzgehalt dieser Aussagen, nehmen diese Aspekte im Denken der Menschen eine zentrale Rolle ein. Der Wald symbolisiert Leben und Natur. An den Rohstoff Holz denken Menschen der heutigen Generationen verständlicherweise nicht. Die Beschreibung ihrer Erlebniswelt gibt zum überwiegenden Teil positive Erinnerungen wider. Negative Erlebnisse oder Wahrnehmungen haben offensichtlich in dieser gedanklichen Welt keinen Platz und werden schnell wieder vergessen. Im Zentrum steht die Sehnsucht, Ruhe und Natur zu erleben, und nicht das Ansinnen, mit analysierendem Blick nach Widersprüchen zwischen erlebter Walderfahrung und medialem Waldbild Ausschau zu halten. Es zeigt sich, dass dieses mediale Waldbild im Erleben der Menschen keine Rolle spielt. Diese negativen Szenarien werden somit beim Waldbesuch nicht so erfahren, dass sie spontan geäußert werden.

Veröffentlichungen:

S. SCHAFFNER; M. SUDA ET AL. Beurteilung der Erholungseinrichtungen in den Staatswäldern Bayerns durch die Erholungssuchenden; Abschlussbericht des Lehrstuhls für Forstpolitik und Forstgeschichte der TU-München 2005